Wasser, Banane, Avocado auf Tisch

Forever Food

Wie Ernährung das Altern beeinflusst.

Man sagt, man ist, was man isst. Doch haben wir je darüber nachgedacht, wie tief dieser Spruch wirklich geht? Stell dir vor, dass jeder Bissen, den du zu dir nimmst, entweder Zeit in deiner Sanduhr hinzufügt oder sie schneller verstreichen lässt. 

Obwohl das Konzept "Essen als Medizin" sehr umstritten ist, hat die aktuelle Forschung gezeigt, wie wichtig der Umgang mit der Menge, dem Zeitpunkt und der Art der Nahrung für eine gute Gesundheit ist.1 Was genau die optimale Ernährung ausmacht, bleibt umstritten. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die optimale Ernährung von verschiedenen Gesundheitsfaktoren (Alter, Geschlecht und Genetik) abhängt.

In einem Zeitalter, in dem die Schnittstelle zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und kulinarischen Praktiken ständig neu definiert wird, steht der Mensch vor der essentiellen Frage: Welche Nahrungsmittel fördern unsere Gesundheit und welche sollten wir mit Vorsicht genießen? Gibt es einen “gemeinsamen Nenner” für eine Ernährung, die ein langes und gesundes Leben forciert? Umfangreiche Forschungen von Campbell und Willett2 legen nahe, dass bestimmte Ernährungsgewohnheiten tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Langlebigkeit und Krankheitsanfälligkeit haben. Darüber hinaus weisen aktuelle Metastudien auf die komplexe Beziehung zwischen Nahrungsaufnahme und genetischer Expression hin.3 (Genexpression ist der Prozess, durch den die in einem Gen enthaltene Information genutzt wird, um ein funktionelles Produkt, meistens ein Protein, zu erzeugen. Es ist der Mechanismus, mit dem ein Gen "angeschaltet" wird, um seine biologische Funktion im Körper auszuführen.)

Schauen wir also einmal genauer, was auf unseren Speiseplan passen könnte, um unsere Lebensspanne und Lebensqualität positiv zu beeinflussen.

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Gibt es das Rezept für ein längeres Leben?

Wissenschaftler wie Dr. Valter Longo, Professor für Gerontologie und Biowissenschaften an der University of Southern California, versuchen, ein Rezept für die  "Langlebigkeitsdiät" zu definieren. Dieses Rezept soll Menschen helfen, ein möglichst langes und gesundes Leben zu führen. Laut Dr. Longo ist der Schlüssel zur Langlebigkeit: 

"Viel Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Gemüse; etwas Fisch; kein rotes Fleisch oder verarbeitetes Fleisch und nur sehr wenig weißes Fleisch; wenig Zucker und raffiniertes Getreide; ein hoher Anteil an Nüssen und Olivenöl und etwas dunkle Schokolade."

Wenn man sich die Empfehlungen anschaut, könnte man dies als eine pescetarische Ernährung bezeichnen, die in erster Linie auf Pflanzen basiert, aber auch etwas Fisch und Meeresfrüchte enthält. Die Forscher berichteten 2022 in der Zeitschrift Cell,4 dass man nicht auf Kohlenhydrate verzichten sollte, um möglichst lange zu leben. 

Im Gegenteil, die Forscher kamen zu dem Schluss, dass Kohlenhydrate den größten Teil der Nahrungsaufnahme ausmachen sollten, diese Nährstoffe aber aus Vollwertkost und nicht aus stark verarbeiteten Lebensmitteln bezogen werden sollten. 

Das eine Rezept gibt es so wohl nicht. Aber es gibt “gemeinsame Nenner", die genug Evidenz aufweisen, um sich positiv auf den Alterungsprozess auszuwirken. Es lohnt sich, die Gesamtqualität der Ernährung zu verbessern, also auch auf Frische, Regionalität, Saisonalität und Vollwertigkeit zu achten.5 

 

Wann sollte man essen? Und wann nicht?

Es ist keine gute Idee, rund um die Uhr zu essen. Stattdessen sollte man versuchen, die meisten Mahlzeiten des Tages innerhalb eines Zeitfensters von 11 bis 12 Stunden zu sich zu nehmen. 

 

Hier sind 5 Gründe, warum man nicht rund um die Uhr essen sollte:

  1. Zirkadianer Rhythmus: Unser Körper folgt einem natürlichen 24-Stunden-Zyklus, bekannt als der zirkadiane Rhythmus. Verschiedene Körperfunktionen, einschließlich Stoffwechselprozesse, sind an diesen Rhythmus angepasst. Das ständige Essen kann diesen Rhythmus stören, was wiederum Stoffwechselstörungen und andere gesundheitliche Probleme verursachen kann.6
  2. Insulinresistenz: Bei jeder Mahlzeit wird Insulin freigesetzt, um den Blutzucker zu regulieren. Wenn man ständig isst, kann dies zu einem dauerhaften Anstieg des Insulinspiegels führen, was das Risiko für die Entwicklung einer Insulinresistenz erhöht – ein Vorläufer von Typ-2-Diabetes.7
  3. Verdauungspausen: Der Verdauungstrakt benötigt Pausen, um effektiv zu arbeiten und sich zu regenerieren. Ein ständiges Essen bedeutet, dass der Verdauungstrakt ständig arbeiten muss, was zu Erschöpfung und möglicherweise zu Verdauungsproblemen führen kann.8
  4. Zellreparatur und Autophagie: Autophagie ist ein Prozess, bei dem Zellen beschädigte Komponenten abbauen und recyceln. Es gibt Hinweise darauf, dass Fasten oder das Einlegen von Essenspausen diesen Prozess fördern kann, was wiederum zur allgemeinen Gesundheit und Langlebigkeit beiträgt.9
  5. Fettleibigkeit und übermäßige Kalorienzufuhr: Es ist wahrscheinlicher, dass man mehr Kalorien zu sich nimmt, wenn man ständig isst, als wenn man sich an bestimmte Mahlzeiten oder Fenster der Nahrungsaufnahme hält. Dies kann zur Gewichtszunahme und den damit verbundenen gesundheitlichen Problemen führen.10

 

Es ist wichtig zu beachten, dass die optimale Ernährungsfrequenz und -zeit von individuellen Unterschieden und Bedürfnissen abhängt. Eine Ernährungsberatung oder ein Arzt kann bei spezifischen Anliegen weiterhelfen.

Zudem scheint die Reihenfolge, in der wir Nahrung zu uns nehmen, eine Rolle zu spielen. Um den Blutzuckerspiegel unter Kontrolle zu halten und Glukosespitzen zu vermeiden wird empfohlen, auf die Reihenfolge bei der Nahrungsaufnahme zu achten:

Zuerst Gemüse, dann Proteine / Fette, danach Stärke / Ballaststoffe / Zucker.

 

Was kann ich essen, um die Wahrscheinlichkeit für ein langes, gesundes Leben zu erhöhen?

Ein langes und gesundes Leben ist das Ergebnis einer Vielzahl von Faktoren, einschließlich genetischer Prädisposition, Umwelt und Lebensstil (Verlinkung zum Longevity Artikel). Zu letzterem gehört auch Ernährung. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es bestimmte Lebensmittel und Ernährungsgewohnheiten, die im Zusammenhang mit Langlebigkeit und guter Gesundheit stehen. Hier unsere 10 Empfehlungen: 

  1. Vollwertkost: Eine Ernährung, die reich an Vollkornprodukten ist, kann das Risiko von Herzerkrankungen, Typ-2-Diabetes und bestimmten Krebsarten reduzieren.11
  2. Gemüse und Obst: Eine hohe Zufuhr von Gemüse und Obst wurde mit einem reduzierten Risiko für chronische Erkrankungen, einschließlich Herzerkrankungen, Schlaganfall und einigen Krebsarten, in Verbindung gebracht.12
  3. Omega-3-Fettsäuren: Diese können Entzündungen im Körper reduzieren und sind wichtig für Herz- und Gehirngesundheit. Fettreiche Fische wie Lachs, Makrele und Sardinen sind gute Quellen für Omega-3.13
  4. Nüsse und Samen: Regelmäßiger Verzehr von Nüssen kann das Risiko von Herzerkrankungen reduzieren. Sie sind reich an Ballaststoffen, Proteinen und gesunden Fetten.14
  5. Olivenöl: Insbesondere extra natives Olivenöl, reich an einfach ungesättigten Fettsäuren und Antioxidantien, hat entzündungshemmende Eigenschaften und ist ein Hauptbestandteil der Mittelmeerdiät, die oft mit Langlebigkeit assoziiert wird.15
  6. Hülsenfrüchte: Bohnen, Linsen und Kichererbsen sind reich an Ballaststoffen, Proteinen und bieten eine Vielzahl von Vitaminen und Mineralstoffen. Sie können helfen, das Risiko für Herzerkrankungen und Diabetes zu reduzieren.16
  7. Mäßiger Alkoholkonsum: Einige Studien zeigen, dass moderater Alkoholkonsum, insbesondere Rotwein, das Risiko für Herzerkrankungen verringern kann. Aber es ist wichtig, in Maßen zu konsumieren.17
  8. Geringere Zufuhr von zugesetztem Zucker und verarbeiteten Lebensmitteln: Ein hoher Zuckerkonsum wurde mit einem erhöhten Risiko für Herzkrankheiten, Typ-2-Diabetes und anderen chronischen Erkrankungen in Verbindung gebracht.18
  9. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Wasser ist essentiell für fast jeden Aspekt unserer Gesundheit und spielt eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der Zellfunktion und der Regulierung der Körpertemperatur.
  10. Antioxidantienreiche Lebensmittel: Dazu gehören Beeren, dunkles Blattgemüse, Kurkuma und grüner Tee. Sie können helfen, oxidative Schäden in den Zellen zu reduzieren und das Risiko für bestimmte Krankheiten zu verringern.19

 

Fazit

Es gibt kein magisches Getränk oder geheimes Kraut, das ewiges Leben verspricht. Aber indem du auf das hörst, was dein Körper braucht, und ihm gibst, was die Erde bietet, kannst du die Uhren langsamer ticken lassen. Lass uns anfangen, bewusster zu essen, nicht nur, um länger zu leben, sondern um besser zu leben und mehr Leben aus unseren Jahren zu holen.

Das Leben ist ein Fest, und mit jedem Bissen schreiben wir die Geschichte unserer Zeit.

 

Bitte beachte, dass individuelle Ernährungsbedürfnisse und gesundheitliche Umstände variieren können. Eine personalisierte Beratung durch einen Ernährungsexperten oder Arzt ist daher ratsam.

 

  1. https://www.medicalnewstoday.com/articles/can-food-be-medicine-pros-and-cons 
  2. Campbell, T.C., & Willett, W.C. (2006). The China Study: The Most Comprehensive Study of Nutrition Ever Conducted and the Startling Implications for Diet, Weight Loss, and Long-term Health. BenBella Books.
  3. Niculescu, M.D., & Lupu, D.S. (2011). Nutritional Influence on Epigenetics and Effects on Longevity. Current Opinion in Clinical Nutrition & Metabolic Care.
  4. https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(22)00398-1
  5. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29912268/ 
  6. Albrecht, U., & Ripperger, J. A. (2018). Zirkadiane Uhren in Gesundheit und Krankheit. Trends in Molecular Medicine.
  7. Perry, R. J., Peng, L., Barry, N. A., Cline, G. W., Zhang, D., Cardone, R. L., ... & Shulman, G. I. (2015). Acetate mediates a microbiome–brain–β-cell axis to promote metabolic syndrome. Nature.
  8. Voigt, R. M., Forsyth, C. B., Green, S. J., Mutlu, E., Engen, P., Vitaterna, M. H., ... & Keshavarzian, A. (2014). Circadian disorganization alters intestinal microbiota. PloS one.
  9. Levine, B., & Klionsky, D. J. (2004). Development by self-digestion: molecular mechanisms and biological functions of autophagy. Developmental cell.
  10. Mattson, M. P., Allison, D. B., Fontana, L., Harvie, M., Longo, V. D., Malaisse, W. J., ... & Panda, S. (2014). Meal frequency and timing in health and disease. Proceedings of the National Academy of Sciences.
  11. Aune, D. et al. (2016). Whole grain consumption and risk of cardiovascular disease, cancer, and all cause and cause specific mortality. BMJ.
  12. Wang, X. et al. (2014). Fruit and vegetable consumption and mortality from all causes, cardiovascular disease, and cancer. BMJ.
  13. Hu, F. B. et al. (2002). Fish and omega-3 fatty acid intake and risk of coronary heart disease in women. JAMA.
  14. Bao, Y. et al. (2013). Association of nut consumption with total and cause-specific mortality. NEJM.
  15. Estruch, R. et al. (2018). Primary prevention of cardiovascular disease with a Mediterranean diet supplemented with extra-virgin olive oil or nuts. NEJM.
  16. Afshin, A. et al. (2014). Consumption of nuts and legumes and risk of incident ischemic heart disease, stroke, and diabetes. Circulation.
  17. Costanzo, S. et al. (2010). Wine, beer or spirit drinking in relation to fatal and non-fatal cardiovascular events. European Journal of Epidemiology.
  18. Yang, Q. et al. (2014). Added sugar intake and cardiovascular diseases mortality among US adults. JAMA Internal Medicine.
  19. Valko, M. et al. (2007). Free radicals and antioxidants in normal physiological functions and human disease. The International Journal of Biochemistry & Cell Biology.