Ewigkeit in den Muskeln

Ewigkeit in den Muskeln

Wie viel Bewegung und welche Art von Fitness brauchen wir, um länger gesund zu leben?
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Was, wenn das Geheimnis der Langlebigkeit nicht in einem Zaubertrank verborgen ist, sondern in der simplen, urzeitlichen Praxis - der Bewegung? 

Bewegung ist ein wichtiger Bestandteil eines gesunden Lebensstils und trägt sowohl zum körperlichen als auch zum geistigen Wohlbefinden bei.

Große Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass regelmäßige sportliche Betätigung das Risiko der Gesamtmortalität und der krankheitsspezifischen Mortalität senkt.1 

Die wissenschaftliche Entschlüsselung der Fitness hat in den letzten Jahrzehnten einen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Langlebigkeit vertieft untersucht. Nicht nur scheint Bewegung das Alterungsrad zu verlangsamen, sie trägt auch dazu bei, unsere Lebensqualität in den späteren Jahren signifikant zu verbessern.2


Bleibt zu klären, was das genau bedeutet und was wir konkret tun können, um die Vorzüge von Sport im Hinblick auf den Alterungsprozess voll auszuschöpfen. Cardio? Kraftsport? Oder beides zusammen? Das klären wir hier.

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Der Beginn einer Fitnessreise ist ebenso sehr eine Frage der Einstellung wie der körperlichen Aktivität. Transformative Ergebnisse stellen sich nicht über Nacht ein. Stattdessen sind es die beständigen, kleinen Maßnahmen, die sich mit der Zeit summieren. Wie in dem Buch "Atomic Habits" von James Clear betont wird, geht es darum, jeden Tag 1 % Verbesserung zu erreichen. Diese "atomaren" Veränderungen, auch wenn sie scheinbar unbedeutend sind, summieren sich und führen langfristig zu bedeutenden Ergebnissen. 

Welche Art von Bewegung hält uns jung?


Bewegung bietet zahlreiche Vorteile in Bezug auf Krankheitsschutz und Langlebigkeit. 1.) Cardio (Ausdauertraining), einschließlich hochintensivem Training (HIIT) zur Verbesserung der kardiorespiratorischen Fitness, fördert die Langlebigkeit und verlangsamt den Alterungsprozess. Zusätzlich hilft 2.) Krafttraining, um die Sarkopenie – den alters- und krankheitsbedingten Verlust an Muskelmasse zu verlangsamen.3 Außerdem sind 3.) Flexibilität und Mobilität entscheidend, auch um Sturzrisiken im Alter zu senken.

Hier sind einige wissenschaftlich fundierte Arten von Bewegung, die sich positiv auf Longevity auswirken:

 

Cardio: Mehr als nur Kalorienverbrennung

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in den Industrienationen eine Haupttodesursache. Bewegung, insbesondere aerobes Training, hat jedoch das Potenzial, diese Bedrohung zu neutralisieren. Durch die Anregung des Herz-Kreislauf-Systems stärken wir nicht nur unser Herz, sondern auch unsere Lungen und den Kreislauf.4


Um unsere Chancen auf ein langes Leben zu erhöhen, sollten wir wahrscheinlich mindestens 7.000 Schritte pro Tag gehen oder mehr als 2,5 Stunden pro Woche Sport wie Tennis, Radfahren, Schwimmen, Joggen oder Badminton treiben, so das Ergebnis von zwei groß angelegten neuen Studien über den Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Langlebigkeit. Die beiden Studien, in denen insgesamt mehr als 10.000 Frauen und Männer über Jahrzehnte hinweg beobachtet wurden, zeigen, dass die richtige Art und Menge an körperlicher Betätigung das Risiko eines vorzeitigen Todes um bis zu 70 % verringert.5,6 Einige der chronischen, altersbedingten Krankheiten, deren Risiko durch Cardiotraining reduziert werden kann, sind: 

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z.B. koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall) 
  • Typ-2-Diabetes
  • Bestimmte Krebsarten (z.B. Brust- und Darmkrebs)
  • Osteoporose
  • Demenz und kognitive Beeinträchtigungen.

Es ist wichtig zu betonen, dass während Cardiotraining viele Vorteile bietet, es am besten in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung, regelmäßigem Krafttraining und anderen gesunden Lebensgewohnheiten durchgeführt werden sollte.

Viel hilft viel? Nicht unbedingt!

Die Studien deuten darauf hin, dass der optimale Wert für ein langes Leben bei 7.000 bis 8.000 täglichen Schritten oder 30 bis 45 Minuten Bewegung an den meisten Tagen liegt.5 Sie deuten aber auch darauf hin, dass es eine Obergrenze für die Vorteile der Longevity gibt, wenn man aktiv ist. Es ist unwahrscheinlich, dass man durch das Überschreiten dieser Obergrenze zusätzliche Lebensjahre gewinnt. In extremen Fällen kann es sogar schädlich sein.


Empfehlung: Eine Cardio-Aktivität finden, die Spaß macht. Egal ob Joggen, Schwimmen oder Radfahren – bleib dabei und bleib konsequent. Teamsportarten, bzw. Sportarten mit sozialer Komponente scheinen dabei die langfristige Beibehaltung der Sportroutine zu begünstigen. Keine Zeit? Kein Problem. Auch Hochintensives Intervalltraining (HIIT), hat gezeigt, dass es die Zellgesundheit und den Stoffwechsel positiv beeinflusst. Kurze, intensive Übungsausbrüche gefolgt von Erholungspausen haben also auch das Potenzial, den Alterungsprozess positiv zu beeinflussen.7

Tennisspieler mit Cap und Sonnenbrille Illustration

Wir wissen, wie wichtig Bewegung für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist, aber es stellt sich heraus, dass die Sportart, die wir betreiben, helfen kann, länger zu leben. Forscher der Copenhagen City Heart Study, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift Mayo Clinic Proceedings veröffentlicht wurden, haben mehr als 8.000 Menschen über einen Zeitraum von 25 Jahren beobachtet und herausgefunden, welche Sportart am meisten zur Langlebigkeit beiträgt: Tennis. Tennis verlängerte das Leben eines Menschen um satte 9,7 Jahre, gefolgt von Badminton (6,2 Jahre), Fußball (4,7 Jahre) Radfahren (3,7 Jahre), Schwimmen (3,4 Jahre) und Joggen (3,2 Jahre).6


Interessant an diesem Ergebnis ist, dass die Freizeitsportarten, die von Menschen mit einem längeren Leben ausgeübt werden, auch die meisten sozialen Interaktionen beinhalten - und soziale Beziehungen wirken sich zusätzlich positiv auf ein gesundes Altern aus.8


Darüber hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass Korrelation und Kausalität in der Studie nicht geklärt werde. Wer Tennis spielt, hat ggf. eine bessere soziale Position und mehr finanzielle Mittel, um sich um seine Gesundheit zu kümmern. Dies wird in der Studie nicht abschließend geklärt.

Kraft für eine langfristig gesunde Muskulatur

Während viele beim Krafttraining an Bodybuilder denken, bietet es Vorteile, die weit über die Ästhetik hinausgehen. 

Ab dem 30. Lebensjahr verlieren wir jährlich etwa 1% unserer Muskelmasse.9 

Dies führt nicht nur zu einer Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit, sondern auch zu einer erhöhten Anfälligkeit für Verletzungen (besonders Stürze im Alter) und Krankheiten.

Um dem altersbedingten Abbau von Muskulatur effektiv entgegenzuwirken, gibt es zwei besonders empfehlenswerte Trainingsmethoden:

  1. Übungen mit einer Wiederholungszahl von 12 bis 15 pro Satz und einer moderaten Gewichtsbelastung. In anderen Worten: Am Ende eines solchen Satzes sollten die Muskeln ein Brennen spüren, denn das zeigt, dass sie einen Wachstumsimpuls erhalten haben.
  2. Ein Training, das durch hohe Intensität gekennzeichnet ist. Dies kann entweder durch besonders anspruchsvolle Übungen oder durch das Verwenden von schweren Gewichten erreicht werden. Hierbei sind Sätze nach nur ein bis sechs Wiederholungen komplett. Insbesondere die weißen Muskelfasern, die im Alter rasch abnehmen, profitieren hiervon.

Ein essenzieller Tipp: Vor allem bei intensiven Trainingsmethoden sind Sicherheitsvorkehrungen und die richtige Technik entscheidend. Einsteiger im Bereich Kraftsport sollten daher am besten mit fachkundiger Betreuung beginnen.


Empfehlung: Integriere Ganzkörper-Krafttrainingsübungen in deine Routine.

Sportliche Frau beim Workout Illustration

Im Juli 2022 wurde eine umfangreiche Untersuchung mit mehr als 350.000 Teilnehmern veröffentlicht, die erstaunliche Erkenntnisse zur Sterblichkeit in Bezug auf Sportgewohnheiten zeigte. Laut dieser Studie zeigen Menschen, die ihre gesamte wöchentliche Sportaktivität auf nur zwei Tage konzentrieren – oft als "Weekend Warriors" bezeichnet – dieselbe Sterblichkeitsrate wie diejenigen, die ihre sportlichen Aktivitäten über die gesamte Woche verteilen. Trotz der konzentrierten sportlichen Anstrengung an nur wenigen Tagen profitieren diese "Wochenend-Sportler" genauso von ihren längeren Trainingseinheiten wie andere von häufigeren, kürzeren Einheiten.10


Um die eigene Fitness für ein langes gesundes Leben messbar zu machen, empfiehlt Peter Attia zum Beispiel, die Herz-Lungen-Fitness (VO2Max) zu untersuchen.

Der VO2Max Wert gibt die maximale Sauerstoffaufnahme an, also wie viel Sauerstoff der Körper maximal pro Minute während intensiver körperlicher Aktivität aufnehmen und nutzen kann. Je mehr Sauerstoff genutzt werden kann, desto höher ist dieser Wert. Er gibt also die Fitness deines Herz-Lungen-Apparates an.


Diverse Studien belegen den Zusammenhang zwischen einem hohen VO2Max und einer höheren Langlebigkeit. Attia führt die folgende Statistik an: Die 20 % der Personen mit der geringsten Fitness (VO2Max) haben ein vierfach höheres Sterberisiko im Vergleich zu den 2 % der Personen mit der höchsten Fitness. Selbst Personen, die sich im mittleren VO2Max-Bereich befinden, haben immer noch ein doppelt so hohes Sterberisiko.

Gleichgewicht und Flexibilität für Körper und Geist

Im Alter nimmt unser Gleichgewicht ab, was das Risiko von Stürzen und damit verbundenen Verletzungen erhöht. Aktivitäten wie Yoga und Pilates sind nicht nur eine Form der Meditation, sondern auch ein Training für Körper und Geist. Die Flexibilität wird erhöht und das Gleichgewicht verbessert.11

Außerdem werden die geistigen Vorteile von Bewegung oft übersehen. Regelmäßige körperliche Aktivität kann helfen, das Risiko von Alzheimer und anderen kognitiven Erkrankungen zu verringern.12


Empfehlung: Integriere Übungen, die dein Gleichgewicht herausfordern, in deine Routine und kombiniere körperliche Bewegung mit mentalen Herausforderungen. 

Yoga Gruppe draußen Illustration

Eine ideale Longevity-Trainingswoche könnte zum Beispiel so aussehen:

2x HIIT

2x Cardio

2x Kraft

1x Flex


Es gibt keine zuverlässigeren Anhaltspunkte dafür, wie lange du leben wirst, als deine körperliche Fitness. Selbstverständlich ist es wichtig, das Rauchen zu vermeiden und Diabetes sowie Fettleibigkeit zu verhindern. Aber es gibt nichts, was du jetzt für dich selbst tun kannst, das wichtiger ist, als damit zu beginnen, deine Fitness zu verbessern!

Fazit

Wie wir altern, liegt weitgehend in unseren Händen. Bewegung ist ein zugängliches und effektives Mittel, um nicht nur länger, sondern auch gesünder zu leben. Es ist nicht nur eine Frage der Quantität, sondern auch der Qualität unseres Lebens.


Dabei sollte Fitness, bzw. Bewegung als regelmäßige Routine etabliert werden. Es ist ein Marathon, kein Sprint. Also: Schuhe schnüren und den ersten Schritt machen.

 

  1. Kodama, S., et al., Cardiorespiratory fitness as a quantitative predictor of all-cause mortality and cardiovascular events in healthy men and women: a meta-analysis. JAMA, 2009. 301(19): p. 2024-35. ; Piercy, K.L., et al., The Physical Activity Guidelines for Americans. JAMA, 2018. 320(19): p. 2020-2028. ; Lear, S.A., et al., The effect of physical activity on mortality and cardiovascular disease in 130 000 people from 17 high-income, middle-income, and low-income countries: the PURE study. Lancet, 2017. 390(10113): p. 2643-2654. ; Andersen, L.B., et al., All-cause mortality associated with physical activity during leisure time, work, sports, and cycling to work. Arch Intern Med, 2000. 160(11): p. 1621-8. ; Paffenbarger, R.S., Jr., et al., The association of changes in physical-activity level and other lifestyle characteristics with mortality among men. N Engl J Med, 1993. 328(8): p. 538-45. ; Lee, J.Y., et al., Association of Physical Activity and Inflammation With All-Cause, Cardiovascular-Related, and Cancer-Related Mortality. Mayo Clin Proc, 2016. 91(12): p. 1706-1716. ; Joseph, G., et al., Dose-Response Association Between Level of Physical Activity and Mortality in Normal, Elevated, and High Blood Pressure. Hypertension, 2019. 74(6): p. 1307-1315.
  2. Smith, J. et al. (2017). Physical activity and health in aging. Journal of Gerontology.
  3. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30640736/ 
  4. Jones, A. et al. (2018). Cardiovascular benefits of aerobic exercise. Heart Journal.
  5. https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2783711 
  6. Schnohr P, O'Keefe JH, Holtermann A, Lavie CJ, Lange P, Jensen GB, Marott JL. Various Leisure-Time Physical Activities Associated With Widely Divergent Life Expectancies: The Copenhagen City Heart Study. Mayo Clin Proc. 2018 Dec;93(12):1775-1785. doi: 10.1016/j.mayocp.2018.06.025. Epub 2018 Sep 4. PMID: 30193744. https://www.mayoclinicproceedings.org/article/S0025-6196(21)00475-4/fulltext 
  7. Gibala, M. J., & Little, J. P. (2010). Just HIT it! A time-efficient exercise strategy to improve muscle insulin sensitivity. Journal of Physiology, 588(18), 3341-3342.
  8. Yang, Y. C., Boen, C., Gerken, K., Li, T., Schorpp, K., & Harris, K. M. (2016). Social relationships and physiological determinants of longevity across the human life span. Proceedings of the National Academy of Sciences, 113(3), 578-583. https://doi.org/10.1073/pnas.1511085112.
  9. Clark, P. et al. (2019). Muscle health and resistance training. Aging & Musculature.
  10. Dos Santos M, Ferrari G, Lee DH, Rey-López JP, Aune D, Liao B, Huang W, Nie J, Wang Y, Giovannucci E, Rezende LFM. Association of the "Weekend Warrior" and Other Leisure-time Physical Activity Patterns With All-Cause and Cause-Specific Mortality: A Nationwide Cohort Study. JAMA Intern Med. 2022 Jul 5:e222488. doi: 10.1001/jamainternmed.2022.2488. epub ahead of print. PMID: 35788615; PMCID: PMC9257680.
  11. Wang, L. et al. (2020). Flexibility and balance in the elderly: A Tai Chi study. Eastern Health Journal.
  12. Johnson, M. et al. (2016). Physical activity and cognitive function. Neurology Today.