Im ersten Teil haben wir die Schattenseiten mäßigen Alkoholkonsums erörtert. Doch nun blicken wir auf scheinbare Ausnahmen: Der oft gelobte Rotwein und Sardinien, eine der "Blue Zones", wo Menschen bei guter Gesundheit alt werden und regelmäßig Rotwein genießen. Ist es der Alkohol oder andere Bestandteile, die hier eine Rolle spielen? Und wie navigieren wir durch das Phänomen des "Katers"? Hier entdecken wir Strategien, um bewusster mit Alkohol umzugehen.
Rotwein für ein gesundes langes Leben?
Rotwein, ein Getränk, das durch die Fermentation von Trauben entsteht, hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen Gemeinschaft erhalten. Der Unterschied zwischen Rot- und Weißwein liegt nicht nur in der Farbe, sondern auch in der Herstellung: Roter Wein behält während der Fermentation den Kontakt zu den Traubenschalen, die reich an potenziell gesundheitsfördernden Stoffen wie Resveratrol und Anthocyanen sind. Dies hat zu der weit verbreiteten Annahme geführt, dass Rotwein gesundheitliche Vorteile bieten könnte.
Eine umfangreiche Metaanalyse aus dem Jahr 2023, die den Weinkonsum von über 1,4 Millionen Menschen untersuchte, zeigte eine signifikante Risikoreduktion für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Weintrinkern. Doch trotz solcher positiven Befunde bleibt die Frage, ob moderater Weinkonsum tatsächlich gesund ist, kontrovers. Methodische Einschränkungen und die fehlende Differenzierung zwischen verschiedenen Weinsorten und Alkoholmengen in vielen Studien tragen zur Unsicherheit bei.
Resveratrol: Das Wundermittel im Rotwein?
Resveratrol, ein in Traubenschalen vorkommendes Polyphenol, hat in der Forschung viel Interesse geweckt. Es hat das Potenzial, Entzündungen zu bekämpfen und die Langlebigkeit zu fördern. Doch trotz der vielversprechenden Ergebnisse aus Laborstudien ist die tatsächliche Wirksamkeit von Resveratrol beim Menschen noch unklar. Ein Hauptproblem ist seine schlechte Bioverfügbarkeit, die seine therapeutische Wirksamkeit einschränkt. Und obwohl Rotwein Resveratrol enthält, ist die Menge weit entfernt von dem, was in klinischen Studien als wirksam erachtet wird.
OPC: Ein weiterer Star im Rotwein?
OPC, ein weiteres Polyphenol im Rotwein, wird oft für seine antioxidativen Eigenschaften gelobt. Es wird angenommen, dass OPCs das Herz-Kreislauf-System schützen können. Doch wie bei Resveratrol ist die genaue Rolle von OPCs im Rotwein und ihre gesundheitlichen Vorteile noch Gegenstand aktueller Forschung.
Die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel, die Resveratrol oder OPC enthalten, spielt oft auf das "französische Paradoxon" an. Doch trotz der populären Annahme, dass der Rotweinkonsum in Frankreich zu einer besseren Herzgesundheit und einem längeren Leben beiträgt, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit festgestellt, dass die Beweise nicht ausreichend sind.
Der unvermeidliche Kater nach dem Rausch
Der Kater, der uns nach einer durchzechten Nacht plagt, ist das Ergebnis mehrerer Faktoren. Alkohol wirkt als Diuretikum, was bedeutet, dass er den Körper dazu anregt, mehr Urin auszuscheiden. Das Resultat? Dehydration. Wenn der Alkohol im Körper abgebaut wird, entsteht Acetaldehyd, eine giftige Chemikalie, die für das Gefühl der Übelkeit verantwortlich ist. Hinzu kommt, dass Alkohol unseren Schlafzyklus stört und Entzündungen im Körper fördert, was zu Symptomen wie Müdigkeit und pochenden Kopfschmerzen führt.
Interessanterweise wird es mit dem Alter nicht einfacher. Tatsächlich nimmt unsere Fähigkeit, Alkohol effektiv zu metabolisieren, mit der Zeit ab, was zu intensiveren Katersymptomen führt. Und während viele glauben, dass die Art des Alkohols, den man trinkt, einen Unterschied macht, ist es tatsächlich der Gehalt an Kongeneren – Nebenprodukten, die beim Fermentationsprozess entstehen – der den Unterschied ausmacht. So mag Bier für viele am bekömmlichsten sein, während Brandy oft zu den schlimmsten Katererfahrungen führt.
Einige versuchen, den Kater mit "Konterbier" zu bekämpfen, aber das ist ein Trugschluss. Es verschlimmert die Situation nur. Der Schlüssel zur Linderung? Hydration. Das Trinken von Wasser und Elektrolytlösungen kann helfen, den durch Alkohol verursachten Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Und obwohl es verlockend sein mag, zu Schmerzmitteln zu greifen, sollte man vorsichtig sein, insbesondere bei nichtsteroidalen Antirheumatika, da sie die bereits durch Alkohol belastete Leber weiter belasten können.
Einige schwören auf kalte Duschen, um den Kater zu bekämpfen, da sie die Adrenalinproduktion ankurbeln und den Alkoholabbau beschleunigen können. Aber Vorsicht ist geboten, denn Alkohol kann die Körpertemperatur beeinflussen.
Letztlich gibt es kein magisches Heilmittel gegen den Kater. Der beste Weg, ihn zu vermeiden, ist, in Maßen zu trinken.
Geht ein Leben ohne Alkohol?
In einer Gesellschaft, in der Alkohol oft als Mittel zur Entspannung und zum sozialen Austausch dient, fragen sich viele, ob ein Leben ohne Alkohol wirklich erfüllend sein kann. Kann man wirklich tiefe, bedeutungsvolle Beziehungen pflegen und sich in der Gemeinschaft integriert fühlen, ohne dem gesellschaftlichen Druck des Trinkens nachzugeben?
Naval Ravikant, ein erfolgreicher amerikanischer Unternehmer, sprach in einem Gespräch mit Shane Parrish offen über seine Entscheidung, seinen Alkoholkonsum zu reduzieren. Als er in die Vierziger kam, wurde er sich der negativen Auswirkungen von Alkohol auf seinen Körper immer bewusster. Obwohl er nicht völlig auf Alkohol verzichtet, hat er das Ziel, ihn weder zu benötigen noch zu begehren. Er identifizierte zwei Hauptgründe für seinen Alkoholkonsum: Die ständige Verfügbarkeit und das Bedürfnis, in sozialen Situationen "durchzuhalten". Um die ständige Verfügbarkeit zu bekämpfen, machte er jeden Morgen Sport, was ihn dazu brachte, früher ins Bett zu gehen und weniger zu trinken. Er bemerkte auch, dass sein Training nach Alkoholkonsum weniger effektiv war. Als Alternative zu stärkeren Getränken wandte er sich dem Rotwein zu. Nach nur zwei Gläsern bekam er oft Kopfschmerzen, was ihn davon abhielt, weiterzutrinken.
Um das Bedürfnis nach sozialer Ausdauer zu adressieren, erkannte er, dass er oft trank, um in sozialen Situationen, in denen er sich unwohl fühlte, länger zu bleiben. Die Lösung? Er beschloss, nur noch Zeit mit Menschen zu verbringen, bei denen er sich auch ohne Alkohol wohl fühlte. Er suchte auch nach anderen Wegen, um den Zustand des "Abschaltens", den Alkohol ihm bot, zu erreichen.
Dr. Peter Attia, NY Bestseller Autor, Arzt und Experte für Longevity, hat trotz des Wissens um die negativen Auswirkungen von Alkohol auf die Langlebigkeit eine ähnliche Herangehensweise. Er trinkt maximal sieben alkoholische Getränke pro Woche und hat einige Richtlinien, die er befolgt:
- Qualität vor Quantität: Dr. Attia betont, dass er, wenn er etwas trinkt, das ihm nicht unglaublich gut schmeckt, es wegschüttet. Ein schlechtes Glas Wein wird er nicht tolerieren.
- Mengenbegrenzung: Er setzt sich ein persönliches Limit von nicht mehr als zwei Getränken am Tag. Es muss einen zwingenden Grund geben, diese Grenze zu überschreiten.
- Häufigkeit: Dr. Attia ist der Ansicht, dass es unbedingt einen Grund geben muss, an mehr als drei Tagen pro Woche zu trinken. Er führt im Geiste Buch, um sicherzustellen, dass er in einer Woche nicht mehr als etwa sieben Getränke zu sich nimmt. Er betont auch, dass sieben Getränke an einem Tag etwas ganz anderes sind als ein Getränk pro Tag über sieben Tage. Die Häufigkeit und die Dosis bestimmen den potenziellen Schaden.
- Timing: Er versucht sicherzustellen, dass sein Alkoholkonsum mindestens drei Stunden von seiner Schlafenszeit entfernt ist. Der Grund dafür ist, dass Alkohol die Schlafqualität beeinträchtigen kann. Er räumt jedoch ein, dass es Ausnahmen gibt, z. B. bei gesellschaftlichen Anlässen, bei denen er sich nicht strikt an diese Regel hält.
- Art des Alkohols: Dr. Attia erwähnt, dass die Menschen oft glauben, dass bestimmte Arten von Alkohol gesünder sind als andere. Er liebt Tequila, Mezcal, guten Wein und dunkles belgisches Bier. Er stellt jedoch klar, dass er keine dieser Sorten für "gesund" hält. Er betont, dass Alkohol Alkohol ist, unabhängig von seiner Art.
Fazit
Alkohol ist zweifelsohne ein kultureller Bestandteil vieler Gesellschaften und oft mit Genuss verbunden. Doch neben diesem kurzfristigen Vergnügen bergen auch gesundheitliche Bedenken. Probleme wie Hautbeeinträchtigungen, Schlafstörungen und erhöhtes Risiko für diverse Gesundheitsprobleme sollten nicht unterschätzt werden. Selbst wenn einige den gesundheitlichen Nutzen bestimmter Alkoholika betonen, betonen aktuelle Forschungsergebnisse die Vorteile der Abstinenz. Die goldene Regel hierbei ist ein maßvoller und informierter Konsum.