Schlaf

Der Schlüssel für ein langes, gesundes Leben

Erholsamer Schlaf ist die Basis für körperliche und mentale Regeneration. Er stärkt das Immunsystem, schützt das Herz und unterstützt kognitive Gesundheit. Guter Schlaf heute fördert ein vitales, gesundes Morgen.

Schlaf & Longevity

Schlaf ist ein natürlicher Erholungszustand, der Körper und Geist regeneriert. Währenddessen durchläuft der Körper verschiedene Phasen: von leichtem Schlaf (Non-REM) über Tiefschlaf, der Zellen repariert und das Immunsystem stärkt, bis hin zu REM-Phasen, in denen Träume entstehen und das Gehirn Erlebtes verarbeitet. Eine konstante Schlafroutine – insbesondere regelmäßige Einschlaf- und Aufwachzeiten – stabilisiert den zirkadianen Rhythmus, also unsere innere Uhr, und verbessert Energielevel sowie Stimmung.

In unserer modernen Gesellschaft hat Schlaf jedoch oft an Bedeutung verloren. Dabei zeigen Untersuchungen, dass Erwachsene, die regelmäßig 7-9 Stunden schlafen, nicht nur weniger stressanfällig sind, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 34 % reduzieren. Besonders die „Blauen Zonen“ – Regionen mit der weltweit höchsten Lebenserwartung – unterstreichen dies: Hier werden häufig zusätzliche Ruhepausen eingelegt.

Schlafzyklen und -phasen

Ein vollständiger Schlafzyklus dauert etwa 90 Minuten und wiederholt sich mehrfach pro Nacht. Er besteht aus den Phasen Non-REM und REM-Schlaf, die jeweils wichtige Rollen übernehmen: Der Non-REM-Schlaf umfasst drei Stufen, wobei die Tiefschlafphase, Stufe 3, für körperliche Regeneration entscheidend ist. Der REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), bekannt durch die schnellen Augenbewegungen, fördert dagegen die geistige Erholung und stärkt das Gedächtnis.

Ein starker Rhythmus, bei dem man zu festen Zeiten schläft, kann die Schlafqualität erheblich verbessern. Der Chronotyp – ob Frühaufsteher (Lerche) oder Nachtschwärmer (Eule) – gibt Hinweise darauf, wann man sich am wachsten oder müdesten fühlt. Sich an den eigenen Chronotyp zu halten, kann Stress reduzieren und die allgemeine Gesundheit fördern.

Schlafqualität und Gesundheit

Gestörter oder unterbrochener Schlaf kann auf lange Sicht negative Auswirkungen haben: Studien zeigen, dass sowohl zu wenig Schlaf als auch übermäßig viel Schlaf – wie mehr als neun Stunden – mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sind. Der individuelle Chronotyp und ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus wirken sich daher stark auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit aus.

In seinem Weltbestseller “Das große Buch vom Schlaf: Die enorme Bedeutung des Schlafs” (“Why we sleep”) aus dem Jahr 2017 führt der Autor Dr. Matthew Walker einige Gründe auf:

  • Konsolidierung von Erinnerungen: Während wir schlafen, verarbeitet unser Gehirn die Informationen und Erinnerungen des Tages und speichert sie im Langzeitgedächtnis. Dieser Prozess hilft uns, neue Informationen zu lernen und zu behalten.

  • Reinigung des Gehirns: Während des Schlafs wird das Gehirn von schädlichen Abfallstoffen gereinigt, die sich im Laufe des Tages angesammelt haben. Dieser Reinigungsprozess ist entscheidend für die Gesundheit und Funktion des Gehirns.

  • Zell- und Gewebereparatur: Während wir schlafen, repariert unser Körper Zellen und Gewebe, die während des Tages beschädigt wurden. Dieser Reparaturprozess ist für die Erhaltung der körperlichen Gesundheit unerlässlich.

Schlafmangel hat langfristig ernsthafte Konsequenzen

  • Gewichtszunahme und Diabetes: Schlafmangel beeinflusst die Hormone, die den Appetit regulieren, und kann zu einem erhöhten Appetit und einer Gewichtszunahme führen. Dies erhöht wiederum das Risiko für Typ-2-Diabetes. Diabetes war 2019 für 2.3 % aller Todesfälle in Deutschland und 2.6% in den USA direkt verantwortlich.

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Schlafmangel ist mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, einschließlich Bluthochdruck (3,6% aller Todesfälle), ischämische Herzkrankheit (19,2% aller Todesfälle) und Schlaganfall (7,2% aller Todesfälle).

  • Geschwächtes Immunsystem: Während wir schlafen, produziert unser Körper Immunzellen und Antikörper, die uns vor Infektionen schützen. Schlafmangel kann das Immunsystem schwächen und uns anfälliger für Infektionen machen. Tatsächlich kann ein Schlaf von fünf oder weniger Stunden pro Nacht das Sterberisiko um 15 % erhöhen.

  • Geistige Gesundheit: Aktuelle Studien bestätigen weiterhin, dass Schlafmangel mit einem erhöhten Risiko für psychische Gesundheitsprobleme, einschließlich Depressionen und Angstzuständen, verbunden ist. Es ist bekannt, dass psychische Erkrankungen, insbesondere Depressionen, mit einer verkürzten Lebenserwartung verbunden sind, wobei Suizid und andere gesundheitliche Komplikationen als mögliche Ursachen gelten.

  • Kognitive Beeinträchtigungen: Neuere Untersuchungen betonen den Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und einem erhöhten Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz. Die Lebenserwartung kann durch diese neurodegenerativen Erkrankungen beeinflusst werden, da sie die Lebensqualität beeinträchtigen und oft mit anderen gesundheitlichen Problemen einhergehen.

  • Veränderte Schmerzempfindung: Ein Mangel an Schlaf kann tatsächlich die Schmerzempfindlichkeit erhöhen. Chronische Schmerzzustände können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und sind mit einer Reihe von gesundheitlichen Problemen verbunden, die sich auf die Langlebigkeit auswirken können. Chronischer Schmerz kann zu vermindertem körperlichen Aktivitätsniveau, Depressionen und anderen gesundheitlichen Komplikationen führen, die die Lebenserwartung beeinflussen könnten.

Wissenschaftlich fundierte Schlaf-Tipps

Lebensstil 

  • Regelmäßige Bewegung kann den Schlaf deutlich verbessern. Im Gegensatz dazu kann eine überwiegend sitzende Lebensweise das Risiko von Schlafstörungen erhöhen. Huberman propagiert frühe körperliche Aktivität (es muss kein intensives Training sein), damit sich die Körpertemperatur früh am Tag erhöht. Huberman rät, direkt nach dem Aufwachen oder spätestens drei Stunden danach zu trainieren. Findet das Training jedoch erst am Nachmittag oder später statt oder hat man zu spät Kaffee getrunken, kann das den Schlaf negativ beeinflussen. Um den Körper dann zu beruhigen, empfiehlt er eine heiße Dusche oder ein heißes Bad vor dem Schlafengehen.

  • Frühe tägliche Ernährung: Eine frühe Mahlzeit kann nicht nur den Stoffwechsel anregen und die Körpertemperatur erhöhen, sondern auch zu einer besseren Wachheit beitragen. Aber Vorsicht: Ein zu üppiges Frühstück kann die Blutzufuhr zum Verdauungssystem umleiten, was zu Müdigkeit führen kann.

  • Vermeidung von Schlafstörern: Es gibt einige Substanzen und Lebensgewohnheiten, die den Schlaf stören können. Dazu gehören schwere Mahlzeiten, Koffein - in Kaffee, schwarzem Tee, Energydrinks und Cola -, Alkohol und Nikotin.

  • Spätes schweres Essen: Der Stoffwechselexperte Professor Ben Bikman betont, dass es für einen erholsamen Schlaf entscheidend ist, mit leerem Magen ins Bett zu gehen. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel vor dem Schlafengehen kann das sympathische Nervensystem aktivieren, das sich im Kampf- oder Fluchtmodus befindet. Das kann sich durch Unruhe, einen schnellen Herzschlag und Hitze bemerkbar machen. Bikmans Rat: Mindestens drei Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr essen.

  • Koffein: Matthew Walker rät, den Koffeinkonsum 10 Stunden vor dem Schlafengehen zu beenden.

  • Alkohol: Obwohl Alkohol beruhigend wirken kann, hat er eine tückische Wirkung auf den Schlaf. Er aktiviert den Kampf-oder-Flucht-Teil des Nervensystems, wodurch stimulierende Chemikalien freigesetzt werden, die zu häufigem Aufwachen führen können. Außerdem reduziert Alkohol die Dauer des REM-Schlafs.

  • Schlafrhythmus: Ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus fördert die Schlafqualität. Jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen - auch am Wochenende - ist empfehlenswert. Matthew Walker macht ein interessantes Gedankenexperiment für Menschen mit wahrgenommenem Schlafdefizit: Wenn man sich regelmäßig einen Wecker stellt, würde man dann auch ohne Wecker zu dieser Zeit aufwachen? Wenn nicht, könnte ein Schlafdefizit vorliegen.

Umgebung

  • Licht: Eine dunkle Schlafumgebung fördert den Schlaf. Verdunkelnde Vorhänge und Schlafmasken können dabei unterstützen. Dr. Huberman rät, in der Nacht grelles, fluoreszierendes oder blaues Licht zu meiden und stattdessen "sanftes" Licht zu verwenden. Für Personen, die nachts öfter aufwachen müssen, z. B. wegen eines Babys, empfiehlt er rote Glühbirnen statt gelbe, um das Wiedereinschlafen zu erleichtern.Hubermans zusätzliche Tipps: Innerhalb von 30 Minuten nach dem Erwachen 2-10 Minuten im Sonnenlicht verbringen. Helles und blaues Licht zwischen 23 Uhr und 4 Uhr morgens meiden.

  • Temperatur: Ein kühles Schlafzimmer fördert den Schlaf. Übermäßige Wärme kann das Aufwachen fördern. Die optimale Raumtemperatur liegt bei 16-19 Grad Celsius. Die normale Körpertemperatur des Menschen liegt bei etwa 37 Grad Celsius, kann aber während der Nacht um bis zu 3 Grad fallen. Dieser Temperaturabfall beginnt etwa zwei Stunden vor dem Schlafengehen mit der Freisetzung von Melatonin. Im Schlaf setzt der Abfall fort und erreicht in den frühen Morgenstunden einen Tiefpunkt, bevor sie im Vormittag wieder steigt.

  • Komfort: Die Qualität der Matratze, der Bettdecke und des Kopfkissens kann sich erheblich auf den Schlaf auswirken. Manche Menschen schwören auf "Weighted Blankets", schwere Decken, die ein Gefühl der Geborgenheit vermitteln, obwohl weitere Untersuchungen erforderlich sind, um ihre Wirksamkeit zu bestätigen. Der neuseeländische Longevity-Experte und Allgemeinmediziner Dr. Brad Stanfield schätzt, dass eine gute Matratze in der Regel 9 bis 10 Jahre hält, ein Kopfkissen dagegen nur 2 Jahre.

  • Lärm: Unterschiedliche Lärmpegel und -arten können den Schlaf stören. Während manche Menschen durch leiseste Geräusche geweckt werden, können andere, die in einer ständig lauten Umgebung leben, solche Geräusche ausblenden. Abhilfe schaffen Ohrstöpsel, Geräte oder Apps, die weißes Rauschen erzeugen, oder Schalldämmung.

  • Nutzung des Bettes: Stanfield betont, dass das Bett idealerweise nur für Schlaf und Intimität genutzt werden sollte. Dies helfe dem Körper, das Bett primär als Ort der Entspannung zu erkennen und sich schlaffördernd dadurch auswirken.

Körperliche Gesundheit  

  • Allgemeiner Gesundheitszustand: Physische und mentale Gesundheitsprobleme, von Schmerzen bis zu neurologischen Störungen, können den Schlaf beeinträchtigen. Es ist entscheidend, diese Probleme zu adressieren, um die Schlafqualität zu verbessern.

  • Schnarchen: Schnarchen kann ein Anzeichen für Schlafapnoe sein, was ernste gesundheitliche Folgen haben kann. Huberman schlägt vor, das Nasenatmen zu trainieren um mögliche Schlafapnoe-Probleme zu verhindern. Bei Symptomen wie erhöhter Tagesschläfrigkeit, lautem Schnarchen oder bemerkbaren Atempausen im Schlaf sollte jedoch ein Spezialist aufgesucht werden.

  • Stress Management: Anhaltender Stress kann zu Schlafstörungen beitragen. Walker betont die Wichtigkeit, den Schlaf nicht zu erzwingen und stattdessen durch Ablenkung, z.B. mit einer mentalen Reise, Entspannung zu fördern. Weitere unterstützende Maßnahmen können sein:
  • Umgang mit Sorgen: Stanfield rät, Gedanken und Sorgen vor dem Schlafengehen zu sortieren und, wenn möglich, zu lösen. Wenn dies nicht möglich ist, empfiehlt er, die Gedanken schriftlich festzuhalten, z. B. in einem Tagebuch, und sie bis zum nächsten Morgen beiseite legen. Dr. Gina Poe, eine Expertin auf dem Gebiet des Schlafs, rät hingegen: "Hör auf deinen Körper und Kopf. Wenn er sagt: 'Ich muss das jetzt tun, damit ich wieder schlafen kann', dann tue es."

Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel

Medikamente sollten nur als vorübergehende Lösung in Betracht gezogen werden. Langfristig sind Verhaltenstherapien und Änderungen des Lebensstils der Schlüssel zu einem besseren Schlaf. Vor der Einnahme von Medikamenten sollte immer ein Arzt konsultiert werden. Häufig verschriebene Medikamente bei chronischer Insomnie:

  • Benzodiazepine (z.B. Temazepam): Wirken beruhigend, bergen jedoch das Risiko der Abhängigkeit.

  • Nicht-Benzodiazepin-Sedativa (z.B. Zolpidem): Wirken ähnlich wie Benzodiazepine, jedoch mit geringerem Abhängigkeitsrisiko.

  • Antidepressiva (z.B. Trazodon): Können beim Schlafen helfen, sind aber nicht primär für Schlafprobleme entwickelt worden.

Nahrungsergänzungsmittel

  • Melatonin: Bekannt als Schlafhormon. Dieses wird häufig zur Bekämpfung von Jet Lag eingenommen. Eine Meta-Analyse zeigt jedoch nur geringe Vorteile bei der Schlafförderung. Huberman warnt, dass Melatonin die Sexualhormone beeinflussen kann und empfiehlt stattdessen eine Kombination aus MagnesiumTheanin und Apigenin. Hauptziel solcher Mittel ist es, innere Unruhe und Angst zu reduzieren.

  • Andere Nahrungsergänzungsmittel wie Glycin, Lavendel, Baldrian und Ashwagandha können ebenfalls dazu beitragen, Angstgefühle zu reduzieren und so zu einem besseren Schlaf führen.